Aufbruch in neue Welten - Johann Moritz von Nassau Siegen, der Brasilianer

Siegerlandmuseum, Oberes Schloss zu Siegen
16.01.-29.02.2004


Der Ausstellungsteil zur Biographie ^

Die Ausstellung zur Biografie Johann Moritz' im Siegerlandmuseum im Oberen Schloss zu Siegen lädt anhand zeitgenössischer Exponate und originaler Darstellungen zu einem Ausflug in die nordwesteuropäische Welt des 17. Jahrhunderts und zur Bekanntschaft mit dem Grafen und späteren Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen ein. Die Zeitreise führt zu Stationen seines Lebensweges in Siegen, den Niederlanden, Brasilien und dem Kurfürstentum Brandenburg. Sie betont einige besonders bemerkenswerte Seiten seiner Persönlichkeit und die historischen Leistungen, die ihn als universale Persönlichkeit weit aus der großen Zahl vergleichbarer kleiner Territorialherren seiner Zeit hervorheben.


Der Portraitsaal ^

Repräsentative Porträts, die bei führenden Porträtmalern seiner Zeit (Govert Flinck, Jan de Baen, Pieter Nason u.a.) regelmäßig in Auftrag gegeben wurden, dokumentieren die Persönlichkeit des Fürsten und seine Entwicklung über die Jahre hinweg. Sie zeigen ihn als tatendurstigen jungen Mann kurz vor dem Aufbruch nach Brasilien, als gereiften Staatsmann und, vom Leben gezeichnet, in hohen Jahren. Diese Lebensschau wird in das historische Panorama des 17. Jahrhunderts eingeordnet.


Die Nassauer ^

Eine weitere Bildnisabfolge visualisiert die Genealogie der Familie, die verwandtschaftlichen Beziehungen zum Haus Nassau-Oranien, sowie das Verhältnis des Fürsten zu seinem älteren katholischen Bruder Johann VII. (dem Jüngeren), der als Anhänger des Kaisers in spanischen Diensten nicht nur in der Frage der Erbteilung des Siegerlandes, sondern auch im niederländischen Freiheitskampf ein Gegenspieler Johann Moritz' war.


Prestige und Karriere ^

Die Sektion "Prestige und Karriere" stellt Stationen der militärischen und politischen Karriere Johann Moritz' und die ihm verliehenen Ehrungen und Auszeichnungen vor: seinen Aufstieg in der niederländischen Armee, seine Zeit als Gouverneur von Brasilien und seine Tätigkeit als Statthalter des Großen Kurfürsten in Kleve. Die Ernennung zum Herrenmeister des brandenburgischen Zweiges des Johanniterordens ist ein weiteres Thema.


Religion, Konflikt und Toleranz ^

Johann Moritz wird anhand von Gemälden, Dokumenten, zeitgenössischen Büchern, liturgischem Gerät u.a.m. im konfessionellen Zeitalter und dessen religiösen Konflikten verortet. Johann Moritz wurde calvinistisch erzogen und stand fest in seinem Glauben. Er stiftete - was ungewöhnlich war - den Kirchengemeinden seines Landesteils Abendmahlskelche und Taufschalen (Exponate) und sein tiefreligiöses Bußlied aus dem Jahre 1665 wurde als Anhang in den Heidelberger Katechismus aufgenommen. Andererseits bewegte er sich in Den Haag und seinem humanistischen Freundeskreis in der Sphäre eines undogmatischen, pluralistischen Christentums der konfessionellen Glaubens- und Gewissensfreiheit. Diesem Einfluss ist wohl zu verdanken, dass er Folter und Hexenwahn verurteilte - die erste deutsche Ausgabe von Friedrich Spees Plädoyer gegen die Hexenverfolgung (ein Ausstellungsstück) erschien, ihm gewidmet, in Siegen. Aber seine 'Toleranz' blieb zwiespältig. In Brasilien praktizierte und empfahl er das tolerante Nebeneinander von Katholizismus, reformierter Kirche und jüdischer Religion, andererseits lag er in bitterem Streit mit seinem älteren Bruder um die konfessionelle Ausrichtung des Siegerlandes und untersagte den Zuzug von Juden in Siegen.


"Der Fürst auf Reisen" ^

Die Abteilung 'Reisen' zeigt in der alten Remise des Schlosses anhand von Bildern, Modellen und zeitgenössischen Reiseutensilien Johann Moritz unterwegs. Die rastlose Mobilität kreuz und quer durch Europa war ein Kennzeichen der adeligen Kultur, entsprach adeligen Gepflogenheiten und Erfordernissen. Die vielfältigen Pflichten als Landesherr, als Offizier und Feldherr der Niederlande, als Diplomat, als Statthalter des Großen Kurfürsten und als Mitglied einer hochadeligen Familie brachten es mit sich, dass Johann Moritz ständig zu Pferd, zu Schiff - er besaß eine 'Dienstschaluppe' -, in der Kutsche mit kleinem oder großem Gefolge unterwegs war. Seine Reise nach Brasilien aber - sie inspirierte ihn zu seinem Wahlspruch 'Qua patet orbis' (So weit der Erdkreis reicht) - blieb unter den Standesgenossen seiner Zeit ein einzigartiges Unternehmen.


Bauten und Gärten ^

Eine Passion des Fürsten war das Bauen, eine repräsentativen Zwecken dienende Leidenschaft, die er freilich mit fast allen Fürsten seiner Zeit teilte. Die Architektur seiner Bauten in Den Haag (das exemplarische Mauritshuis), Recife (Freiburg und Boa Vista), Kleve (Schwanenburg und Prinzenhof) und Sonnenburg (Schloss des Johanniterordens) soll anhand von Planzeichnungen und Gemälden und einer multimedialen Installation vorgestellt werden.
Zur adeligen Kultur seiner Zeit gehörte auch die Anlage von Gärten und Parks. Johann Moritz' Gartenkunst reichte jedoch über die Anlage von konventionellen Schloss- oder Lustgärten hinaus. Er stellte die Landschaft in den Mittelpunkt, gestaltete kunstvoll weite Landschaften, ja ganze Landschaftssysteme mit Alleen, Schneisen, Kanälen und Sichtachsen. Mit Hilfe von Bildern, Plänen, Zeichnungen und Stichen, soll ein Bild seiner Anlagen in Recife, Kleve und Sonnenburg und deren Einflüsse auf die Gestaltungen in Potsdam und Berlin entstehen.


Die "Wunderkammer" ^

Die themenbezogenen Räume werden, der vielseitigen Persönlichkeit des Siegener Grafen und Fürsten angemessen, differenziert gestaltet werden, und neben der Biographie Johann Moritz', die zentral steht, auch immer wieder den Zeithorizont des 17. Jahrhunderts illustrieren. Eine Zeitleiste im Eingangsbereich verortet Johann Moritz' im 17. Jahrhundert. Eine kleine "Wunderkammer" mit Stücken aus dem Besitz Johann Moritz' (u.a. Antiken), wie sie an den meisten europäischen Fürstenhöfen des 17. Jahrhunderts bestand, wird dem Besucher einen greifbaren Eindruck adeliger Sammelleidenschaft dieser Zeit, von der auch Johann Moritz besessen war, vermitteln.

Impressum