Johann Moritz von Nassau Siegen (1604-1679) gilt als der bedeutendste Landesherr der Grafschaft Siegen, dem heutigen Siegerland.
Von weit größerer Bedeutung war die hervor- ragende Rolle, die er in der niederländischen, brasilianischen und kurbrandenburgischen Ge- schichte spielte. Wegen seiner geografisch weit über das Siegerland hinaus reichenden Aktivitäten und dem bis heute nachwirkenden Ertrag seiner vielfältigen künstlerischen Neigungen und Fähig- keiten war er eine einzigartige Persönlichkeit unter seinen Standesgenossen und ragte weit über sie hinaus. Deshalb eignet sich Johann Moritz nicht nur für die regionale Spurensuche, sondern auch für den interkulturellen Dialog.
Wie viele Männer aus der weitverzweigten nassauischen Familie stellte er sich in den Dienst der Republik der Vereinigten Niederlande in ihrem Freiheitskampf gegen Spanien. Er machte eine brillante Karriere in der holländischen Armee, in der er in hohen Jahren bis zum 1. Feldmarschall aufstieg.
Am Hofe seines Großonkels, des Statthalters der Niederlande, Friedrich Heinrich von Nassau Oranien in Den Haag ging er ein und aus. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Constantijn Huygens, einem der führenden humanistischen Gelehrten - und auch Komponisten - seiner Zeit.
Als Gouverneur der brasilianischen Besitzungen der holländischen West- indischen Kompanie (1637-1644) führte er die Kolonie zu einer kurzen Blütezeit. Die künstlerischen und wissenschaft- lichen Erträge der in seinem Gefolge mitgereisten Naturwissenschaftler und Künstler brachten einen reichen Ertrag nach Europa zurück. Ihre Zeichnungen von Land und Leuten, Fauna und Flora Brasiliens, ihre Bilder, die reich illustrierten Karten und die später publizierten historischen und naturhistorischen Werke brachten Nordwesteuropa die Offenbarung einer bis dahin nur verzerrt und schemenhaft bekannten exotischen Welt.
Umsichtig verwaltete er nach seiner Rückkehr aus Brasilien als Statthalter in der Residenzstadt Kleve die westdeutschen Be- sitzungen des ihm freundschaftlich verbundenen brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Er diente dem 'Großen Kurfürsten' daneben erfolgreich bei diplomatischen Missionen, so bei der Wahl des Kaisers Leopold I. als Gesandter 1658 in Frankfurt am Main.
Schon 1652 war er zum Fürsten erhoben und im selben Jahr auf Betreiben Friedrich Wilhelms in das mit besonderen Ehren verbundene Amt des Herrenmeisters des Johanniterordens der Provinz Brandenburg gewählt worden.
In allen seinen Rollen, als Offizier der niederländischen Generalstaaten, als Gouverneur in Brasilien, als Statthalter des brandenburgischen Kurfürsten und als Siegener Landesherr folgte er seinen künstlerischen Neigungen. Er pflegte engen und vielfach freundschaftlichen Kontakt mit führenden Baumeistern seiner Zeit, u.a. mit Jacob van Campen oder Pieter Post. Zusammen gestalteten sie Bauten und Gärten, ja ganze Landschaften. Die Parkanlagen in Kleve legen noch heute Zeugnis davon ab. Sein von Jacob van Campen ab 1634 erbautes Stadtpalais in Den Haag, das Mauritshuis, wurde zum Vorbildbau des holländischen Klassizismus.
In Brasilien drückte er der von ihm gegründeten Hauptstadt der hollän- dischen Kolonie, der nach ihm benannten Mauritsstad, und den von ihm angelegten Gärten seinen Stempel auf. In seiner brandenburgischen Residenz, dem nie- derrheinischen Kleve, bewies er erneut seine Fähigkeit, unwegsame Landschaft- en nach rationellen und künstlerischen Prinzipien zu gestalten und zu kultivieren. Seine Klever Landschaftsgestaltung - auch in Siegen ließ er einen Tiergarten anlegen - strahlte im Rheinland bis nach Düsseldorf, vor allem aber in das brandenburgische Stammland aus. Die Berliner Allee 'Unter den Linden' gab der Große Kurfürst wohl auf seinen Rat hin in Auftrag. Einen tiefen Einfluss übte er auf den Ausbau Potsdams zum kurfürstlichen 'Paradies' aus.
Einhundert Jahre später ließ sich auch Friedrich der Große von Johann Moritz anregen. Bei der Anlage seiner Gruft auf der Terrasse in Sanssouci, so steht es in seinem Testament von 1769, folgte er Johann Moritz, der 'in gleicher Weise in einem Wäldchen bei Kleve bestattet' sei.
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